Presse 2008 – Albtraum: Eigenes Feuerwehrhaus in Flammen

 Brand Gerätehaus – Worfelden

Text: Hermann Kollinger Fotos: Freiw. Feuerwehr Worfelden

Dass die Feuerwehren immer wieder zu Bränden alarmiert werden, ist nichts aufregend Neues. Wohl kaum jemand erwartet nach einem Alarm, dass er das eigene Feuerwehrhaus brennend vorfindet. Dieser Albtraum wurde jedoch am 20. August 2008 bei den Kameraden der Feuerwehr Worfelden in Deutschland Wirklichkeit. Das Feuer richtete derart schweren Schaden an, dass noch nicht sicher ist, ob das erst 2005 in Betrieb genommene Feuerwehrhaus saniert werden kann oder abgerissen werden muss!

Mittwoch, 20. August 2008 gegen 15.55 Uhr.

Der frühere Kommandant der Freiw. Feuerwehr Worfelden, Martin Schlappner, ist gerade dabei, das Feuerwehrhaus abzuschließen. Dabei vernimmt er eigenartige Geräusche aus dem inneren des Gebäudes. Ein Kontrollblick durch ein in die Halle gerichtetes Bullauge lässt nichts mehr gutes erahnen: Außer einem dichten Schwarz ist nichts mehr zu sehen. nach dem Öffnen der Tür ist zu erkennen, dass im Motorbereich des Mannschaftstransporters ein Brand ausgebrochen ist…

Scherzanruf oder Realität?

Meist ist es der Fall, dass versucht wird, zu löschen und eine Alarmierung der Feuerwehr erst dann erfolgt, wenn man keine Chance mehr hat, was mit einem massiven und wertvollen Zeitverlust verbunden ist. Zudem bietet dieser Zeitverlust in weiterer Folge dem Feuer eine große Zeitbrücke zur Ausbreitung. Schlappner reagiert völlig richtig. der ehemalige Kommandant (im deutschen Jargon Wehrführer) läuft unverzüglich ins Büro des Feuerwehrhauses und veranlasst über die Leitstelle Groß-Gerau die Alarmierung seiner Kameraden.

„Feuer bei der Feuerwehr in Worfelden“ – für den zuständigen Disponenten, der in seiner Tätigkeit – gleiches gilt auch für die österreichischen zentralen – immer wieder mit Scherzbolden zu tun hat, anfänglich eine eher unglaubwürdige Angelegenheit. es gelingt dem Feuerwehrmann aber dennoch sehr rasch, den Disponenten vom tatsächlichen ernst der brenzligen Lage im Feuerwehrhaus zu überzeugen, der wiederum unverzüglich die worfelder Kameraden alarmiert.

Retten der anderen Fahrzeuge

Sofort stürmt Schlappner wieder in die Halle zurück: „Ich habe einen 12 kg Löscher genommen und versucht, dem Feuer noch Herr zu werden. Es war jedoch bereits zu spät, der Brand hatte sich bereits so weit ausgedehnt, dass ich keine Chance mehr hatte. der enorme Qualm tat seinen Rest!“. inzwischen wurde es auch schwierig, in der halle zu atmen. Stark hustend stürm der Feuerwehrmann aus der halle in Richtung Haupteingang. Dort hat die wehr einen roten Knopf montiert, der bei Betätigung alle Tore des Feuerwehrhauses öffnet. Schlappner aktiviert diese automatische Toröffnung, wodurch ein Teil des Rauches nach außen abziehen kann. Somit wird es ihm ermöglicht, nochmals in die halle zu laufen und die beiden anderen Einsatzfahrzeuge ins rettende Freie zu bringen! dann, endlich – seine unterstützenden Kameraden treffen ein. Jeder weiß, wie lange es dauert, wenn man auf etwas wartet, so schnell die Kollegen auch sein mochten. Für Schlappner ist der Einsatz selbst jedoch zu ende, er muss mit Verdacht auf eine Rauchgasvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert werden. glück im Unglück: dieses konnte der ehemalige Wehrführer tags darauf jedoch wieder verlassen dem Löschangriff an ihrem eigenen Feuerwehrhaus, während auch die zusätzlich alarmierten Kräfte aus Klein-Gerau eintreffen und diesen unterstützen. die Sicherstellung der Wasserversorgung ist denkbar einfach, schlussendlich steht direkt beim Feuerwehrhaus ein Hydrant. Recht rasch gelingt es den Feuerwehrleuten, das offene Feuer zu löschen und die Gefahr einer weiteren Ausdehnung des Brandes zu verhindern.

Zähe Nacharbeit nach dem Feuer

recht zäh gestalten sich im Anschluss die Nachlöscharbeiten, da sich der Brand auch auf die Decken und Dachkonstruktion (isoliertes Trapezdach) des Hauses ausgebreitet hatte. zahlreiche, versteckte Glutnester müssen in der Folge auch mittels Einsatz einer Wärmebildkamera aufgespürt und abgelöscht werden, um ein Neuentfachen des Feuers ausschließen zu können. große Teile der halle sind tiefschwarz vom ruß geschwärzt. „nach der Aufregung während des Einsatzes machte sich nunmehr die Ernüchterung breit und alle Kameraden waren schockiert vom vorliegenden Szenario“, schildert der heute amtierende Kommandant Gerd Zöllner. „das muss man erst einmal verdauen, in der Brandruine seines eigenen Feuerwehrhauses zu stehen.“ in weiterer Folge wurden im Zuge der Aufräumarbeiten auch noch sämtliche Bullaugen aus den Toren herausgeschlagen. Sie waren teilweise sowieso schon geschmolzen, aber aufgrund der thermischen Einwirkungen wurden vorsorglich auch jene der weiteren Tore des Feuerwehrhauses entfernt. Neben dem ausgebrannten MTF wurde jedoch auch das eingestellte Informations- und Kommunikationsfahrzeug des Katastrophenschutzes schwer beschädigt. der Schaden ist dermaßen groß, dass es vermutlich ebenfalls ausgeschieden werden muss. nichts desto trotz gibt es jedoch auch gute Nachrichten: da die Brandschutzmauern sowie die Brandschutztüren ihre Funktion voll erfüllt haben, wurden die angrenzenden Räume wie Werkstätte, Büro sowie der Lehrsaal nicht in Mitleidenschaft gezogen.

Rasch Ersatzquartier gefunden

ein Feuer bei der Feuerwehr selbst schließt natürlich das weitere „Tagesgeschäft“ einer Feuerwehr nicht aus, jederzeit kann die Hilfe der Helfer bei einem weiteren Brand, einem Verkehrsunfall oder einem anderen Notfall erforderlich werden. „und diese Einsatzbereitschaft sollte natürlich auch weiterhin gewährleistet sein“, so Wehrführer Zöllner. Improvisation war nötig, und rasch wurde auch eine Lösung gefunden: Mit dem örtlichen roten Kreuz wurde vereinbart, dass die Wehr zum unterstellen ihrer Fahrzeuge vorübergehend den alten Stützpunkt nutzen kann. Allerdings muss das LF 10/6 wegen seiner Größe nach Klein-Gerau umziehen, während das kleinere Tragkraftspritzenauto der Klein-Gerauer nach Worfelden umzieht, um dort den Grundbrandschutz sicherzustellen. da auch die Spinde der Kameraden vom Feuer in Mitleidenschaft gezogen wurden sind, muss auch hier improvisiert werden, so dass es bei Alarmen zu leichten Verzögerungen bei der Ausrückung kommen kann. „Aber auch hier haben wir vorgesorgt“, so Zöllner. „Im Falle eines Einsatzes wird derzeit auch die Feuerwehr Klein-Gerauer mit alarmiert, so bleibt die schnelle Hilfsfrist dennoch erhalten!“. Flexibel zeigte sich die Feuerwehr Worfelden auch, was ihr Hüttenfest betrifft. da sich der Gesundheitszustand des mutigen Kameraden Martin Schlappner rasch wieder verbesserte (er war übrigens am besagten Tag  wegen Vorbereitungsarbeiten dafür in der Feuerwehr), wurde das geplante Fest dennoch ausgetragen. Zwar an einem anderen Ort, aber die davon erzielten Einnahmen werden die Kameraden vermutlich gut brauchen können.

Sanierung oder Abriss

der entstandene Schaden wird als sehr hoch eingeschätzt und erreicht eine Höhe von rund einer Million Euro! Statiker werden nun prüfen, wie weit die Stabilität des Bauwerkes vorhanden ist, während die Versicherung die Brandschäden bzw. die verbundenen Folgekosten noch genau unter die Lupe nimmt. erst dann wird entschieden werden, ob das drei Jahre alte Feuerwehrhaus saniert wird oder ob ein abriss bzw. neubau als wirtschaftlich sinnvollere Lösung anzusehen ist.

Kleine Ursache, große Wirkung

die Ursache für das Feuer wurde recht rasch gefunden. das über 20 Jahre alte Fahrzeug war kurz vor dem Brandausbruch noch in Bewegung. dabei hatte sich aufgrund eines technischen defektes am Vergaser eine Schraube gelöst. In der Folge konnte über einen Spalt Benzin heraussickern, das sich dann an noch heißen Maschinenteilen entzündete und den folgenschweren Brand verursachte. Nach Einschätzung von Brandsachverständigen treffe die Feuerwehrleute keine Schuld, eine Fremdeinwirkung kann ausgeschlossen werden. auch sämtliche Wartungsarbeiten wurden durchgeführt.

Brandschutz im Feuerwehrhaus

Treue Brennpunkt-Leser können sich sicher noch an unseren Beitrag „Brandschutz im Feuerwehrhaus“ erinnern. darin wurde über günstige Lösungen berichtet, ein Feuerwehrhaus um einen Betrag ab 100 Euro mit automatischen Rauchmeldern auszurüsten, die bei einer Aktivierung entweder mehrere Handys verständigen oder – je nach Installation und Wunsch der Feuerwehr – auch gar die Alarmsirene der Feuerwehr auslösen. Möglicherweise hätten Rauchmelder zu einer früheren, automatischen Erkennung der drohenden Gefahr bzw. zu einer rascheren Alarmierung geführt, die Löschen des Entstehungsbrandes noch ermöglicht hätte. der Hinweis auf diese Alarmierungs- Möglichkeit sei erlaubt. gleichzeitig wird jedoch auch von einer Vorverurteilung Abstand genommen, denn eines ist schlussendlich bekannt: nachträglich ist man immer klüger und aus der Ferne weiß man gerne auch schnell alles besser. und genau das ist weder Sinn und zweck, noch unsere Aufgabe. den Kameraden aus Worfelden ergeht an dieser Stelle vielmehr der Wunsch, die Situation bald und zur Zufriedenheit aller Beteiligten meistern zu können ob nun Sanierung oder auch Neubau .

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